Sep 082013
 

Heute mal wieder eine Geschichte aus meiner Feder. Viel Spaß. 😉

Die Kellnerin

Ich kam von der Nachtschicht. Sonst mochte ich es, nach Hause zu kommen, denn das Bett war noch warm und ich konnte meinen Liebsten riechen, wenn ich mich in die Kissen kuschelte.
Aber heute wollte ich in dem Cafè an der Ecke frühstücken, da ich etwas später einen Termin beim Zahnarzt hatte und unser Kühlschrank ziemlich leer war.
Ich setzte mich ans Fenster, das Cafè war fast leer. Nur ein älteres Ehepaar frühstückte an dem Tisch in der Ecke und während er in seiner Zeitung las, redete sie unaufhörlich auf ihn ein. Ich ließ meinen Blick schweifen. Zu so früher Stunde erinnerte nichts an die vollen Tische am Nachmittag, an die großen Portionen Selbstgemachter Kuchen, die hier täglich über die Theke wanderten.
Die Kellnerin kam und begrüßte mich freundlich. Ich bestellte eine Wurstplatte und ein Kännchen Kaffee. Die Zeit, bis meine Bestellung kam, vertrieb ich mir, indem ich aus dem Fenster schaute. Viele Leute, die vorüber gingen, sahen verschlafen aus. Einige ließen erahnen, dass sie in der letzten Nacht wohl nicht nur geschlafen hatten.


Mein Frühstück wurde gebracht und ich begann die Brötchen zu schmieren und mit Wurst zu belegen. Als ich damit fertig war, goß ich mir Kaffee und Milch ein und lehnte mich zurück. Genüßlich verspeiste ich alles und beobachtete das Treiben vor dem Fenster, dass allmählich zu nahm. Immer mehr Autos fuhren vorüber und einige Leute hasteten, um die Straßenbahn noch zu erwischen. Einer fiel fast hin, bei dem Versuch, die zwei Eingangsstufen der Bahn im schwungvollen Galopp zu nehmen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Satt und zufrieden winkte ich der Kellnerin. Ich bezahlte und gab ihr ein Trinkgeld. Strahlend schaute sie mir in die Augen und verabschiedete mich fast schon herzlich.
Irgend etwas an ihr irritierte mich, ihre dunkle Hautfarbe konnte es nicht sein, oder vielleicht doch? Ich grübelte, aber es blieb mir keine Zeit mehr zum Nachdenken. In einer Stunde musste ich beim Zahnarzt sein und ich wollte vorher noch duschen. Hastig legte ich die paar Meter bis zu meiner Wohnung zurück.

Ich kam pünktlich beim Zahnarzt an und es gab keine Probleme. Kaum, dass ich auf seinem Stuhl saß, wurde ich mit einem neuen Termin in drei Wochen entlassen.
Inzwischen war ich ziemlich müde, und so nahm ich die Post zwar aus dem Briefkasten, schaute sie aber nicht mehr an, sondern ging gleich ins Bett. Es war kalt und den Geruch von meinem Schatz konnte ich nicht einmal erahnen.
Bevor ich einschlief, fiel mir die Kellnerin wieder ein und ich fragte mich, was mich bei ihrem Anblick so verwirrt hatte.

Stunden später, beim Kaffee, grübelte ich noch einmal darüber nach, was mich an ihr gestört hatte. War es vielleicht der riesige Ring am Mittelfinger? Nein! Ich selbst würde so ein Monstrum zwar nie tragen, aber bei ihr sah das richtig chic aus.
Um mich abzulenken schaute ich die Post durch und fand einen Werbeprospekt eines großen Optikers. Er warb mit dem Sonderpreis von 9.99 € für ein Paar farbige Kontaktlinsen – und da fiel mir ein was mich bei der Kellnerin wirklich irritiert hatte!
Wann hatte man jemals eine Schwarze mit stahlblauen Augen gesehen?

Liebe Grüße

cat
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 Veröffentlicht von am 8. September 2013 um 20:04  Kennzeichnung:

  2 Antworten zu “Die Kellnerin”

  1. Liebe cat,

    eine klasse und sehr lesenswerte Geschichte. Ich habe die ganze Zeit gegrübelt, was wohl kommen wird, aber die Augenfarbe ist mir nicht eingefallen …

    Danke für den Lesegenuss und liebe Grüße
    Manuela

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